Interview mit Ben Otto
Kolumbien ist nicht das erste Land an das man im Zusammenhang mit einem Schüleraustausch denkt. Ben Otto (16) aus Herbrechtingen bei Ulm war für einige Monate als Austauschschüler im westkolumbianischen Cali und berichtet hier von seinen Erfahrungen: Wie es war in Kolumbien zu Schule zu gehen, an was er sich gewöhnen musste und natürlich, was Kolumbien so alles zu bieten hat.
Ben, zum Schüleraustausch nach Kolumbien
– wie ist es dazu gekommen?
Mit meiner Familie bin ich schon viel in Europa herumgekommen, aber ich wollte einfach auch noch etwas anderes von der Welt sehen. Zufällig hat dann ein Schüler aus Kolumbien an meiner Schule angefragt, ob jemand einen Schüleraustausch machen will. Da sah ich meine Chance.
Wie lange warst Du dort?
Ungefähr fünf Monate.
Und wo genau?
Zuerst verbrachte ich ein paar Tage in Bogota, Kolumbiens Hauptstadt. Danach ging es nach Cali, einer Stadt nahe der Westküste mit fast 4 Millionen Einwohnern. Dort lebte ich für einige Monate bei meiner Gastfamilie, in einem schönen Haus im Süden der Stadt, in meinem eigenen Zimmer. Neben der Gastmutter gab es noch den sechzehnjährigen Gastschüler, der jetzt gerade in Deutschland ist, und zwei kleine Hunde.

Blick auf Cali bei Nacht
An was musstest Du Dich in Kolumbien gewöhnen?
Das schlimmste war, dass ich eine Stunde früher aufstehen musste als sonst. Auch einige Teile des traditionellen Essens waren gewöhnungsbedürftig. Und dass es die ganze Zeit immer 25 Grad Celsius hatte, also auch zwischen September und Dezember, wo man ja in Deutschland andere Temperaturen gewohnt ist.
Wie war es mit der Sprache?
Obwohl ich in der Schule schon zwei Jahre Spanisch gelernt hatte, gab es am Anfang Probleme mit der Sprache. Nach einigen Wochen konnte ich schon ganz gut verstehen was gesagt wurde.
Und Du bist ja auch zur Schule gegangen…
Ja, ich war bis auf eine Woche Ferien und ein paar Feiertage immer in der Schule. Am Anfang war es schwierig, auch mit dem Freunde finden, aber die Lehrer waren nett und die meisten Mitschüler auch. Zu meinem Glück war es eine deutsche Schule, also konnte ich den Unterricht in Deutsch, Biologie und Geschichte auf Deutsch genießen.

Logo der Deutschen Schule in Cali
Was ist dort anders als bei uns?
Die Schule ist eine Privatschule und umringt von einer zwei Meter hohen Mauer mit Stacheldraht. Dafür ist die Atmosphäre in den Klassen, welche um einiges kleiner sind als bei uns, besser. Auch die Lehrer sind nicht so streng. Die Schule ist gut entwickelt und hat gute technische Ausstattung. An unserer Schule in Deutschland haben wir noch Computer aus dem Jahr 2004!
Wie sind die Menschen in Kolumbien?
Aus meiner Sicht gesehen waren die Menschen in Kolumbien auf jeden Fall offener und auch netter. Natürlich nicht alle, aber jeder Grüßte mich und half mir gerne bei Problemen.
Was ist typisch kolumbianisch?
Die Lust zu tanzen und schnell zu sprechen.
Was isst man in Kolumbien?
In der Gastfamilie gab es viel Fleisch und häufig einfache Gerichte, wie in Deutschland, z.B. Reis mit Salat und einem Steak. Von den vielen Früchten schmeckten manche wirklich sehr gut. Das beste Essen war ein 7-Gänge-Menü im Restaurant, bei dem der Kellner von sieben Spießen immer sieben verschiedene Fleischsorten mit dem Messer herunterschnitt, direkt am Tisch.
Gibt es typische Getränke?
Für alle die gerne Kaffee trinken ist Kolumbien ein Muss! Der Kaffee dort ist wirklich köstlich! Ein besonders oft besuchtes Café ist das Juan Valdez Café, das ist eine Kette die es in mehrere Städten gibt.
Welche Musik hören die jungen Leute in Kolumbien?
In Kolumbien hört man sehr viel lateinamerikanische Musik, zu welcher man schön tanzen kann. Aber auch die Weltstars wie Ed Sheeran.
Welche Städte bzw. Sehenswürdigkeiten hast Du besucht?
Wir haben viele Wochenendausflüge gemacht. Der schönste war nach Cartagena, an die Karibikküste. Aber auch Salento, ganz in der Nähe von Cali, war sehr schön. Dort gibt es zum Beispiel den „Parque del Café“ – das ist ein Erlebnispark, in dem man aber auch sehr viel über die Geschichte des Kaffees und den Anbau lernen kann. Außerdem habe ich Bogota und Medellín besucht. Damit verbunden sind natürlich auch die bekanntesten Sehenswürdigkeiten in soeben genannten Städten.

Blick auf die Kaffeeplantagen von Salento
Was hat Dich besonders beeindruckt?
Die berühmte Salzkathedrale in Bogota fand ich sehr schön und beeindruckend.
Gab es in Cali etwas ganz Besonderes, an das Du Dich gern erinnerst?
Ja! Ich war mit meinen neuen Freunden in der Stadt unterwegs und wir hatten Hunger. Da es ziemlich warm war, wollten wir ein Eis essen. Aber kein normales Eis so wie hier, sondern ein ganz besonderes. Man konnte sogar dabei zusehen, wie es hergestellt wird: Ein großer Eisblock wird in eine Maschine gelegt und dann werden sehr kleine Splitter abgehackt. Diese Splitter kommen dann in einen Becher und eine Soße mit Geschmack wurde darüber gekippt. Am Ende kommen dann noch Obststücke in das Eis. Es hat so gut geschmeckt, dass ich es bei jeder Gelegenheit gegessen habe!
Wie ist es mit der Sicherheit dort? Auf was muss man achten?
Da ich in einer Großstadt war, war alles nochmal ein bisschen strenger. Vor wichtigen Gebäuden wie Hotels gab es immer Wachleute mit Waffen. Auch könnte es passieren, dass man wenn man sich im falschen Viertel aufhält man schnell Probleme bekommt. Aber tagsüber passiert außer Taschendiebstählen nicht viel. Wenn man sich genau so wie in Deutschland verhält kann eigentlich nicht viel passieren. Nur die Haustüre sollte man nicht einfach offenstehen lassen.
Was war das absolute Highlight während Deiner Zeit in Kolumbien?
Als wir mit dem Privatjet eines Freundes der Familie nach Cartagena geflogen sind. Denn schon der Flug war toll und die Stadt hat den Ausflug nochmal zum Highlight gemacht. Aber auch Bogota war sehr beeindruckend.

Ben vor dem Privatjet nach Cartagena

Cartagena in der Abenddämmerung
Und wirst Du das Land irgendwann mal wieder besuchen?
Auf jeden Fall, aber ich werde beim nächsten mal mehr die Natur besichtigen als die Sehenswürdigkeiten.
Lieber Ben, vielen Dank für das Interview!
„Con gusto“, also Gern geschehen.