Tomatensaft-Rätsel im Flieger gelöst

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Fraunhofer-Institut lüftet Druckgeheimnis

Jetzt wird endlich von offizieller und seriöser Stelle bestätigt, was ich schon immer vermutet habe.

Erst vor kurzem hatte ich während eines Fluges wieder ein Gespräch mit meinem freundlichen Sitznachbarn, der auf die Frage des Stewards „Was möchten Sie bitte trinken?“ sich ganz spontan und selbstverständlich ein Glas Tomatensaft bestellt hat. Er hat wohl meinen etwas skeptischen Blick gesehen und sagte: „Normalerweise trinke ich keinen Tomatensaft, aber im Flugzeug schmeckt er mir!“

Da war es also wieder – das Tomatensaft-Phänomen.

Schon öfter ist mir das aufgefallen und ich habe es auch einmal selbst auf einem Flug ausprobiert, obwohl ich mich – mit festen Boden unter den Füssen – eigentlich weigere Tomatensaft zu trinken.

Und es war erstaunlich, es hat mir ganz gut geschmeckt in der Luft – ganz anders als „unten“.

Tomatensaft gehört nach wie vor nicht zu meinen Lieblingsgetränken, aber seither habe ich mich immer wieder gefragt, ob es nicht ein Tomatensaft-Phänomen gibt. Tja, und jetzt kommt die Bestätigung.

Auf heute.de habe ich folgenden Artikel vom Fraunhofer-Institut entdeckt:

Das Rätsel, warum in Flugzeugen so gerne Tomatensaft bestellt wird, scheint gelöst. Tests des Fraunhofer-Instituts ergeben: Flugpassagiere nehmen den Geschmack am Boden und auf Flughöhe völlig verschieden wahr.

Eine Testreihe des Fraunhofer-Instituts im Auftrag der Lufthansa hat offenbar das Rätsel gelöst. Demnach nehmen die Flugpassagiere den Geschmack von Tomatensaft am Boden und auf Flughöhe wegen der unterschiedlichen Druckverhältnisse völlig verschieden wahr, wie die Aromachemikerin Andrea Burdack-Freitag vom Fraunhofer-Institut der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte.

Der Druck macht’s

Tomatensaft wurde bei Normaldruck deutlich schlechter benotet als bei Niederdruck. Er wurde als muffig beschrieben. Oben traten angenehm fruchtige Gerüche und süße, kühlende Geschmackseindrücke in den Vordergrund“, wurde die Wissenschaftlerin zitiert.

Lufthansa-Sprecherin Amelie Schwierholz sagte dazu, das erkläre auch, warum Tomatensaft in Lufthansa-Flugzeugen mit 1,7 Millionen getrunkenen Litern im Jahr sogar gefragter sei als Bier, von dem 1,6 Millionen Liter getrunken werden.

Geschmackstests im Airbus

Burdack-Freitag hatte dem Bericht zufolge im Originalrumpf eines Airbus A310 mit zahlreichen Versuchspersonen Geschmackstests mit Essen und Trinken durchgeführt. Das Flugzeug stand in einer großen Niederdruckkammer, so dass der beim Flug übliche niedrige Kabinendruck simuliert werden konnte. Viele Tester hätten die servierten Speisen im simuliertem Flug als fade bewertet.

Nach Angaben der Wissenschaftlerin liegt die Geruchs- und Geschmacksschwelle bei niedrigem Druck höher, man rieche die Speisen und Getränke „als hätte man einen Schnupfen“. Dies führe dazu, dass beispielsweise der Geschmack von Salz, Zucker oder Kräutern in der Luft schwächer als am Boden wahrgenommen werde. Die Geschmacksschwelle von Säuren bleibe dagegen unverändert, weshalb etwa Soßen auf der Basis von Weißwein oder Zitrone schlecht angekommen seien, sagte die Wissenschaftlerin dem Blatt zufolge.

Rezepte werden angepasst

Die Lufthansa werde nun demnächst die Rezepte ihrer Bordmahlzeiten anpassen, sagte Lufthansa-Sprecherin Schwierholz. Demnächst werde mehr Salz und weniger Säure bei Speisen und Getränken eingesetzt. Im Einzelhandel hat Tomatensaft nur eine geringe Bedeutung:

Vier Prozent am Gesamtumsatz macht er etwa beim Hersteller „Amecke“ aus, wie dessen Sprecherin Monika Lerch sagt. Orangensaft allein habe einen Anteil von 29 Prozent. Auch in den Lufthansa-Fliegern ist indes nicht Tomatensaft, sondern Wasser das beliebteste Getränk: 10,2 Millionen Liter verteilt die Fluggesellschaft jedes Jahr an die Passagiere.

Quelle: heute.de vom 11.02.2010